Die Schweiz hat sich als weltweit führender Standort für Kryptowährungsfirmen und -dienstleistungen etabliert. Unter dem Spitznamen "Crypto Valley" vereint, liessen sich zahlreiche Unternehmen in dem kleinen Staat nieder. Doch wie das Beispiel Swissquote unterstreicht, passten sich die einheimischen Firmen ebenfalls an.
Durch die Ansiedlung der ersten Blockchain-Unternehmen ab dem Jahr 2013 im Raum Zug wurden die Grundsteine für ein florierendes Krypto-Ökosystem früh geschaffen. Politik und Regulation boten die notwendige Rechtssicherheit, die in anderen Nationen teilweise noch heute nicht gegeben ist. So konnten die ersten Schweizer Banken, darunter die Onlinebank Swissquote, bereits im Jahr 2017 den Handel mit digitalen Vermögenswerten in ihr Angebot integrieren. Heute verwahrt die Bankengruppe über 50 Milliarden CHF an Kundengeldern, wobei Kryptowährungen für rund einen Fünftel ihres Ertrags verantwortlich sind. Head of Institutional Sales Robin Lemann schildert im Gespräch mit CVJ.CH die Geschichte, Strategie und Zukunft digitaler Assets bei Swissquote.
CVJ.CH: Seit wann beteiligt sich Swissquote an den Krypto-Märkten?
Robin Lemann: Swissquote war 2017 die erste Schweizer Bank, die ihren Kunden Zugang zu den Krypto-Märkten gewährt hat. Zu Beginn wurde der Kundschaft Handel und Verwahrung von Bitcoin (BTC) und Ether (ETH) ermöglicht, anschliessend wurde das Angebot mit weiteren Kryptowährungen wie Bitcoin Cash, Litecoin und Ripple schnell weiter ausgebaut. In den folgenden Jahren wurden die Produkte und die Services kontinuierlich erweitert. Heute können Kunden mehr als 34 Kryptowährungen, verschiedene ETFs, ETPs und Hebelprodukte auf Kryptowährungen handeln sowie mehrere Tokens von und zu Swissquote transferieren und staken.
Wie kam es zum Entschluss, Ihren Kunden schon relativ früh Handelsmöglichkeiten in Kryptowährungen anzubieten?
Seit ihrer Gründung hat Swissquote es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Kunden Transparenz, Integrität und objektive Informationen zu bieten, um sie in die Lage zu versetzen, selbstständig fundierte Entscheidungen treffen zu können. So war Swissquote auch die erste Bank, die Anlegern Echtzeitzugang zu allen an der Schweizer Börse gehandelten Wertpapieren bot. Es liegt in der DNA der Bank, neue Trends und Technologien aufzuspüren und ihren Anlegern zugänglich zu machen. Und so hat es sich auch mit dem Thema Blockchain und den damit zusammenhängenden Krypto-Assets verhalten. Es war für die Bank im Jahr 2017 ein Meilenstein, als sie als erste Bank die fünf Kryptowährungen (Bitcoin, Bitcoin Cash, Ether, Litecoin und Ripple) anbot – und den Kunden damit einfaches und sicheres Trading in dieser alternativen Anlageklasse ermöglichte.
Handelt es sich hierbei um einen Schwerpunkt oder sind Krypto-Bestrebungen lediglich ein Nebengeschäft?
Krypto-Anlagen finden bei privaten und institutionellen Kunden zunehmend Anklang. Im Jahr 2021 verzeichnete Swissquote Rekordwerte mit einem Ertrag von über CHF 472 Mio. Dabei konnte das Krypto-Geschäft mit einem Beitrag von ca. 20 Prozent einen substantiellen Anteil zu den Erträgen beisteuern. Das Krypto-Geschäft ist somit ein weiterer Ertragspfeiler von Swissquote. Die Produkte- sowie die Servicepalette werden laufend ausgebaut.
Welche Dienstleistungen im Umgang mit Kryptowährungen bietet Swissquote an und gibt es Ausbaupläne des Angebots?
Swissquote bietet aktuell mehr als 34 Währungen zum Handel und zur Verwahrung an, dabei werden die angebotenen Krypto-Assets kontinuierlich weiter ausgebaut. Weiter bietet Swissquote die Möglichkeit, Kryptowährungen zu und von der Bank zu transferieren. Aktuell ist das mit Bitcoin, Ether und Tezos möglich. Seit Anfangs 2022 wird Kunden die Möglichkeit für Staking geboten, wobei das Angebot aktuell drei Kryptowährungen umfasst. Der nächste grosse Wurf wird die eigene Krypto-Börse sein, die noch in diesem Jahr lanciert wird. Swissquote wird ein eigenes zentralisiertes Auftragsbuch mit Liquidity Providern und einem eigenen Market Making betreiben. Kunden von Swissquote werden so bestehende und zusätzliche Währungspaare (i.e. BTC/CHF, BTC/EUR, BTC/GBP, ETH/CHF etc.) rund um die Uhr (24/7) zu attraktiven Konditionen handeln können.
Wie zeichnet sich der typische Krypto-Investor auf Ihrer Plattform aus? Ist er ein aktiver Retailhändler oder eher ein Krypto-Sparer?
Die Profile unserer Kunden sind ganz unterschiedlich. Von sehr aktiven Privatkunden zu Kunden, welche Kryptowährungen als Beimischung in ihr Portfolio aufgenommen haben, bis hin zu grossen Institutionellen Kunden, die über uns die Verwahrung und das Trading abwickeln. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der durchschnittliche Krypto-End-Kunde bei Swissquote zwischen 40 und 60 Jahre alt ist und 90% unserer Krypto-Investoren auch andere Anlagekategorien wie beispielsweise Aktien oder Obligationen halten.
Weshalb bleiben die etablierten Geldhäuser in der Schweiz zurückhaltend gegenüber digitalen Vermögenswerten im Vergleich zu den etablierten Wallstreet Banken?
Wenn ein Finanzinstitut ein eigenes Krypto-Angebot etablieren möchte, muss es einige regulatorische, strategische und technische Hürden meistern. Wenn ein Institut ein solches Angebot aus eigener Kraft auf die Beine stellen will, benötigt es also viel Vorbereitungszeit, Know-How und Ressourcen. Dazu kommt, dass die Materie eher komplex ist und teilweise nicht genügend Marktverständnis und technisches Wissen vorhanden sind. Hier können Unternehmen wie Swissquote Unterstützug bieten. Als FINMA-regulierte Bank ist es uns möglich, professionelle Unterstützung in den Bereichen Trading, Verwahrung, Legal & Compliance und Ausbildung zu bieten.
Vergeben sich Finanzhäuser, die sich nicht mit der neuen Anlageklasse auseinandersetzen Chancen?
Das Produkte- und Serviceangebot einer Firma ist immer eng mit der Gesamtstrategie und Philosophie der Unternehmung verknüpft. Es kann durchaus sein, dass es für spezifische Finanzhäuser keinen Sinn macht, ein Krypto-Angebot zu etablieren. Jedoch sollten sich meines Erachtens Unternehmen in der Finanzbranche unbedingt mit den Möglichkeiten und Chancen von Blockchain und Krypto-Anlagen auseinandersetzen.
Sind Kryptowährungen für Sie eine alternative Assetklasse?
Krypto-Werte können heute im Bereich der alternativen Anlagen einen positiven Beitrag zur Diversifizierung eines Portfolios leisten. (man sollte jedoch beachten, dass Krypto-Assets einer hohen Volatilität unterliegen können). Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Tokens. Man unterscheidet beispielsweise drei Arten von Token: Zahlungs-Token (wie etwa Kryptowährungen, die als Zahlungsmittel für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen akzeptiert werden), Utility-Token (die Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermitteln) und Anlage-Token (die Vermögenswerte wie beispielsweise Aktien, Obligationen oder derivative Finanzinstrumente repräsentieren). Es ist zukünftig zu erwarten, dass die Token dann auch wieder gemäss ihrer Kategorisierung in die jeweiligen Vermögensklassen eingegliedert werden. So können sich viele neue Anwendungsbereiche etablieren, jedoch müssen Krypto-Assets nicht zwingend eine neue Anlageklasse an sich darstellen.
Gibt es gewisse Entwicklungen im Bereich, auf die Sie sich besonders freuen?
Im Moment finden sehr spannende Entwicklungen in den Bereichen DeFi, NFT oder Metaverse statt. Ich denke, dass die verschiedenen Anwendungsbereiche immer noch sehr am Anfang stehen und sich noch unzählige neue Möglichkeiten ergeben werden. Zum Beispiel im Bereich des Zahlungsverkehrs, den Zahlungsabwicklungen, dem Überwachen von Rechten und Pflichten von spezifischen Finanzinstrumenten, IoT (Internet of Things) aber auch im Bereich von Vermarktungs- und Werbemöglichkeiten. Spezifisch bei Swissquote freue ich mich natürlich besonders auf die Lancierung der eigenen Börse, dem weiteren Ausbau der angebotenen Kryptowährungen und deren Transferierbarkeit sowie Staking. Es bleibt definitiv spannend.
Robin Lemann arbeitet seit November 2021 bei Swissquote. Als Head Institutional Sales leitet er den Verkauf an Institutionelle Kunden und ist zusätzlich für den Bereich «Crypto Assets Solutions» für Finanzinstitute bei Swissquote Bank in Zürich verantwortlich. Robin Lemann verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie. Während seiner Laufbahn hatte er verschiedene leitende Positionen in den Bereichen Trading, Marketing, Sales und Distribution bei global tätigen Unternehmen inne.