Was ist eigentlich Geld? Dieser Frage ist Saifedean Ammous in seinem Klassiker der Wirtschaftsliteratur und in bereits 14 Sprachen übersetzten Werk „The Bitcoin Standard“ nachgegangen. Erst kürzlich ist die deutsche Version des Buches erschienen.
Wir haben die Gelegenheit genutzt um mit den Verlegern der deutschen Version zu sprechen.
Fab, Mitbegründer des Aprycot Verlages, beantwortet Fragen zum Buchprojekt, aber auch zu seiner Sichtweise zum Thema Geld und Kryptowährungen als solches.
Wie seid ihr dazu gekommen, das Ursprungswerk "The Bitcoin Standard" von Saifedean Ammous in die deutsche Sprache zu übersetzen?
Mein Mitgründer Stefan und ich waren bereits einige Zeit im Bitcoin-Space unterwegs und hatten parallel zusammen ein kleines Unternehmen für den Nebenerwerb gegründet. Wir hatten mehr oder weniger unsere Unternehmerische Seite entdeckt und das ein oder andere Projekt durchgezogen. Bis Dato aber noch nichts in Verbindung mit Bitcoin.
Ich persönlich bin irgendwann sehr tief in das altbekannte Bitcoin-Rabbit-Hole gefallen und hatte mir zu der Zeit sehr viele Informationen aller Art zugeführt. Artikel, Podcasts, Videos und natürlich auch Bücher. Eines Tages kam ich dann endlich dazu im Urlaub „The Bitcoin Standard“ zu lesen und war sehr überrascht. Noch nie hatte ich etwas gelesen, das alle Gedanken, Zusammenhänge und Implikationen so gut zusammenfasst und in einen logischen Kontext bringt. Am liebsten hätte ich das jedem den ich kenne in die Hand gedrückt, doch leider ist natürlich nicht jeder so sattelfest in Wirtschaftsenglisch oder Englisch generell.
Also haben wir die Initiative ergriffen und uns darum gekümmert einen Verlag zu gründen, die Rechte am Buch zu erlangen um es auch in der DACH-Region als wichtige Basis für Grundwissen über Geld und Bitcoin verlegen zu können. Und heute sind wir wirklich froh, denn es hat tatsächlich alles geklappt.
Wie lange hat das Projekt insgesamt in Anspruch genommen?
Wir hatten das Ganze ja über die Crowdfunding-Plattform Tallycoin ins Leben gerufen, das war im Januar diesen Jahres. Das Crowdfunding lief dann nicht so gut, was wir uns schon gedacht hatten, weil es nur eine Teilnahme mit Bitcoin-Bezahlung ermöglichte und die Plattform noch relativ neu und unbekannt war. Da besteht dann natürlich wesentlich weniger Reichweite als bei Kickstarter o.ä. Das war uns aber bewusst und wir wollten, dass das Crowdfunding trotzdem seine Wurzeln in einem Bitcoin-Only Service hat.
Unser grosses Glück waren dann die beiden Sponsoren die wir für das Projekt gewinnen konnten. Zum einen das IT-Unternehmen Puzzle ITC, die sich treffenderweise stark mit Open-Source-Software beschäftigt und dann noch die Bitcoin-Schweiz GmbH gegründet von Jürg Kradolfer. Vielen Dank noch einmal an dieser Stelle! Der offizielle Launch-Termin war dann der 21.10.2019, wir haben also in etwa 9 Monate gebraucht für das gesamte Projekt.
Habt ihr selbst noch wissenswertes neues aus dem Buch lernen können? Wenn ja, welche Inhalte waren besonders lehrreich?
Absolut! Für mich selbst war die komplette Aufgleisung und Erklärung bezüglich den wünschenswerten Eigenschaften eines Geldes sehr aufschlussreich. Hier wird einem erst einmal klar, wie schlecht unser aktuell genutztes Geld hierbei abschneidet.
Auch die Geschichte des Geldes wird sehr anschaulich erläutert. Wie Muscheln, Steine und Perlen einmal als Gelder agierten, lange bevor Gold oder heute Fiat-Geld das allgemein akzeptierte Tauschmittel waren.
Ausserdem ist auch die komplette Thematik rundum die menschliche Zeitpräferenz sehr spannend. Sie beschreibt die Präferenz von Konsumenten, Konsum in der Gegenwart gegenüber künftigem Konsum vorzuziehen. Saifedean erläutert hier wie ein ungesundes Geld eben genau diese Präferenz nachhaltig beeinflusst und verändert, in heutigen Zeiten eher zum schlechteren. Man erkennt dies an erhöhtem Konsum, weniger nachhaltigen Produkten und den schlechten Sparraten der Gesellschaft.
Was haltet ihr persönlich vom Stock-To-Flow Modell im Bezug auf Bitcoin und wie schätzt ihr die daraus resultierende Kursprognose ein?
Nun, man muss sich natürlich dessen bewusst sein, dass es sich hierbei lediglich um ein Modell handelt. Es ist jedoch ehrlich gesagt schon erschreckend wie genau Bitcoin in der Vergangenheit diesem Modell gefolgt ist. Die Argumentationskette, das Knappheit generell und die hinzukommende Menge des Assets mit dem monetären Status und dem Erfolg als Wertspeicher korrelieren, ist schon sehr schlüssig.
Bei Gold war es immer möglich das ein wenig zu beeinflussen, in dem man es als Zahlungsmittel unterdrückte und Gold fehlte es einfach auch an Praktikabilität und Transportabilität. Bitcoin wird dieses Problem so nicht haben und hat daher schon enormes Potenzial. In den Monaten und Jahren nach dem bevorstehenden Halving werden wir mehr wissen.
Wann habt ihr euch das erste mal mit Krypto-Währungen und der Blockchain Technologie beschäftigt?
Stefan ist vor mir über Bitcoin gestolpert, das muss Ende 2016 gewesen sein. So Anfang 2017 hatten wir dann mal darüber gesprochen und uns seitdem immer intensiver mit dem Thema beschäftigt. Die Auswirkungen auf unsere Regierungsformen und die Freiheit des Individuums sind einfach enorm. Es ist schon eines der revolutionärsten Topics die es aktuell zu unserer Zeit gibt würde ich sagen.
Wie seht ihr die Entwicklung über die Zeit bezüglich Krypto Währungen im generellen. Werden sich über die Zeit staatliche oder private Stablecoins wie Libra durchsetzen oder Opensource Projekte wie Bitcoin?
Das ist natürlich sehr schwer bis unmöglich vorauszusagen, ich kann aber vielleicht meine persönliche Vermutung abgeben.
In der Vergangenheit war es immer so, dass sich das solideste Geld über kurz oder lang durchgesetzt hat. Auch wenn es ein Weilchen dauert, hat jede Person den Anreiz ihr Vermögen in einem Geld zu speichern, dessen Wert nicht über die Zeit verwässert wird. Die Frage ist einfach, wie schnell spricht sich das rum? Aufgrund der sehr fortgeschrittenen Netzwerkeffekte bei Bitcoin denke ich schon, dass dieser sich über kurz oder lang als Basis-Layer der internationalen Wertspeicherung durchsetzen kann. Ein Settlement-Netzwerk, das einige Aufgaben der heutigen Zentralbanken übernimmt sozusagen.
Ob am Ende des Tages die ganze Welt auf einem Second-Layer wie dem Lightning-Netzwerk via Bitcoin den oft genannten Kaffee erwirbt, Staaten eigene Coins an Bitcoin heften, oder deren Kurs frei schweben lasse, wird sich zeigen.
Projekte wie Libra haben meiner Meinung nach nur eine Zukunft, wenn Sie sich einer Währung anschliessen. Wenn Libra einen Währungskorb als Token nutzen will, fühlen sich einige Staaten dadurch entmachtet, daher werden Sie nur dann durchkommen, wenn sie sich für eine entscheiden. Man sieht das an dem Druck den aktuell US Politiker auf Facebook/Libra ausüben und dem Hearing, das vor kurzem stattfand. Man hat hier Angst, das einem das Geldmonopol gestohlen wird. Allerdings ist Libra kaum etwas anderes als das heutige Geld. Wenn Facebook entscheiden kann, wem ich mein Geld über Ihre Plattform senden kann, besteht kein Unterschied zu Paypal, dafür benötige ich dann weder eine Blockchain noch ein Token. Daher wird sich, wie auch im Falle von Linux, höchstwahrscheinlich Opensource durchsetzen.
Wir bedanken uns für das Interview mit Fab und wünschen viel Erfolg mit der deutschsprachigen Ausgabe des Buches.
Eine Zusammenfassung des Buches gibt es hier.
Kaufen lässt sich das Buch in der gesamten EU unter diesem Link.