Der Hype um Bitcoin & Co. hat sich im Zuge der starken Kurskorrekturen abgeschwächt. Alle grossen Kryptowährungen haben seit Anfang Jahr – teilweise starke – Einbussen erlitten. So halbierte sich der Wert des Bitcoin, der grössten und ältesten Kryptowährung. Die Nummer zwei, Ether, verlor sogar über 60 Prozent. Mit Bestimmtheit haben viele Anleger dabei auch Geld verloren. Doch viele dürften vor dem grossen Kurssprung im letzten Herbst investiert haben und können darum trotzdem einen Gewinn verbuchen. Wer beispielsweise Anfang Juli 2017 in Bitcoin investierte, kann sich über ein Jahr später über ein Kursplus von 60 Prozent freuen.
Der Boom brachte eine Reihe von Finanzprodukten auf die Welt. Noch befindet sich der Krypto-Markt in einem sehr frühen Stadium und niemand weiss, welche Kryptowährung oder welcher Coin in fünf oder zehn Jahren an der Spitze stehen wird. Auch die etablierte Finanzindustrie hat reagiert und erste Finanzprodukte auf den Markt gebracht. Seit über einem Jahr sind an der Schweizer Börse diverse Anlage- und Hebelprodukte auf Kryptowährungen zugelassen, Anbieter sind Bank Vontobel und Leonteq.
Trotz teilweise heftiger Kursrückschläge werden diese Produkte nach wie vor stark nachgefragt. So weisen Partizipationsprodukte (Tracker-Zertifikate) auf Bitcoin nach wie vor hohe Umsätze aus, sie gehören seit Monaten zu den Top-5 der meistgehandelten Basiswerte. Anleger können jedoch nicht nur auf Open-End-Tracker setzen, an der SIX sind auch Mini-Futures auf Kryptowährungen zugelassen. Letztere sind jedoch primär für kurzfristige Handelsaktivitäten gedacht.
Breite Vielfalt
Die Börsenregel «Nicht alle Eier in einen Korb legen» hört sich banal an, und doch verstossen noch immer viele Anleger dagegen. Natürlich gilt diese Anlegerweisheit auch für Krypto-Anlagen – oder erst recht sogar. Wie eingangs erwähnt, weiss heute niemand, welche der derzeit über 1800 Kryptowährungen sich durchsetzen und welche klammheimlich wieder verschwinden werden. Umso wichtiger ist es, die Eier, sprich die Krypto-Anlagen, zu streuen, um nicht von der Entwicklung einer Kryptowährung abhängig zu sein.
Dazu eignen sich Finanzprodukte auf Krypto-Indizes und aktiv verwaltete Produkte auf verschiedene Krypto-Anlagen. In der Schweiz berechnet die SIX Group den Crypto Market Index 10. Das Ziel dieses Barometers ist die Messung des Kursverlaufes der grössten und liquidesten Kryptowährungen und -tokens. Dieser Index ist breit abgestützt, sprich: Die Kurse zu den abgebildeten Krypto-Anlagen werden aus verschiedenen Krypto-Börsen bezogen. Der Index wurde von der in Zürich und Zug domizilierten Crypto Finance AG entwickelt, die SIX ist als sogenannter «Calculation Agent» für die neutrale Berechnung verantwortlich. Der Index wird vierteljährlich neu gewichtet und enthält die zehn grössten Krypto-Anlagen. Die Vermögenswerte werden nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet. Aus regulatorischen Gründen bildet der Index aber keine Krypto-Anlagen ab, die ausschliesslich auf anonyme Zahlungen ausgerichtet sind.
Aus Sicht der Kritiker sind Bitcoin & Co. nach wie vor ein ideales Mittel für Geldwäscherei und andere illegale Geschäfte. Doch eine Studie der Foundation for Defense of Democracies (FDD) zeigte kürzlich, dass weniger als ein Prozent aller Bitcoin-Transaktionen illegaler Natur sind. Bitcoin und viele andere Kryptowährungen eignen sich nämlich nicht für dunkle Geschäfte. Sie sind pseudonym und nicht wie oft kritisiert anonym. Die ganze Blockchain, die Technologie dahinter, ist öffentlich einsehbar und daher jede einzelne Transaktion nachvollziehbar.
Die Crypto Finance hat auf diesen Index auch ein erstes Fondsvehikel lanciert, ein passives Anlageprodukt, das derzeit nur qualifizierten und institutionellen Anlegern zugänglich ist. Mitte Juni hat die Finanzmarktaufsicht die Crypto Finance als Vertriebsträger für kollektive Kapitalanlagen bewilligt. Mit diesen haben Profi-Anleger eine einfache Möglichkeit, ihr Wertpapier-Portfolio mit Krypto-Anlagen zu diversifizieren.
Auch der Diversifikationseffekt ist mit diesem Fonds gegeben, wie eine Untersuchung des Vermögensverwalters vision& verdeutlicht. Die Analyse zeigt, dass die wichtigen Coins mit allen anderen Anlageklassen nahezu nicht korrelieren. Einige Korrelationen sind sogar leicht negativ. Sogar die Korrelationen innerhalb der Krypto-Anlagen sind gering. So weisen beispielsweise Aktienindizes eine viel höhere Korrelation innerhalb der Anlageklasse auf, als sie bei den Krypto-Anlagen anzutreffen sind.
Vision& hat ebenso den Portfolioeffekt durch das Hinzufügen von Krypto-Anlagen untersucht. In einem Beobachtungszeitraum von April 2013 bis Dezember 2017 konnte nachgewiesen werden, dass Krypto einen klaren Portfolionutzen mit sich bringt. Je nach Risikofähigkeit beziehungsweise -toleranz eines Anlegers konnte eine positive Mehrrendite erwirtschaftet werden. Für Investoren, die beispielsweise eine tiefe Risikofähigkeit aufweisen, konnte mit geringfügig erhöhtem Risiko eine über zweiprozentige Renditesteigerung erzielt werden. Krypto-Anlagen sind jedoch derzeit nur für geübte Investoren geeignet, die auch über eine bestimmte Risikotoleranz verfügen.
Das Anlagethema Krypto-Anlagen steckt auch 2018 noch in den Kinderschuhen. Mit dem Bitcoin gibt es gerade mal eine einzige Kryptowährung, die auf eine zehnjährige Vergangenheit zurückblicken kann. Die meisten haben das Licht der Welt in den letzten drei Jahren erblickt. Das führt dazu, dass die Datenbasis für wissenschaftliche Untersuchungen noch klein ist, Erfahrungswerte aus Anlagesicht fehlen. Krypto-Anlagen müssen den Beweis, dass sie auf lange Sicht einen positiven Mehrwert generieren können, noch erbringen. Die Chancen sind intakt.
Box «Parallelen zu ETF»
Die Entwicklung von Krypto-Anlagen hat Parallelen zur Entwicklung von Indexfonds. 1975 ist der erste Indexfonds für Privatanleger entstanden, er wurde jedoch noch nicht an einer Börse gehandelt. Lanciert wurde der «Vanguard 500 Index Fund» von der gleichnamigen Investmentgesellschaft, die die US-Anlagegurus John Bogle und Burton Malkiel kurz zuvor gegründet hatten. Das Vehikel fand zu Beginn keinen grossen Anklang. Statt der budgetierten 150 Millionen Dollar wurden nur 11 Millionen Dollar gezeichnet. Von der Fachpresse wurde das Produkt belächelt und als «Bogles Torheit» abgetan. «In Indexfonds anzulegen, heisst, von vornherein auf Mittelmässigkeit zu setzen», so ihr Urteil. Bis die angestrebte 100-Millionen-Dollar-Schwelle erreicht wurde, dauerte es ganze sieben Jahre. Die passiven Produkte, die anfangs noch unterschätzt und von den Fondsgesellschaften mit Argwohn betrachtet wurden, gewannen langsam aber sicher an Fahrt. Heute verwalten sie weltweit mehr als fünf Billionen Dollar. Passives Anlegen hat die Vermögensverwaltungsbranche und die aktive Fondswelt massiv verändert.
Wie viele Investorengelder in Krypto-Assets investiert sind, dazu gibt es keine verlässlichen Zahlen. Betrachtet man jedoch die Marktkapitalisierung aller auf «Coinmarketcap» aufgeführten Kryptowährungen (1865) von rund 220 Milliarden Dollar, dann ist dieses Segment im Vergleich zu etablierten Anlageklassen ziemlich winzig. Es ist ein wiederkehrendes Bild: Wann immer eine Neuheit für Furore sorgt, gibt es genügend Akteure, die sich dagegen sträuben. Vielfach stellt eine Neuerscheinung auch eine Bedrohung für die etablierten Strukturen dar. So braucht es immer einen Umschwung bei der Akzeptanz und dieser resultiert vor allem dann, wenn das Unvermeidliche nicht mehr zu verhindern ist.