Die US-Börse Coinbase wurde von der Securities and Exchange Commission (SEC) davor gewarnt, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das Kunden durch die Nutzung von DeFi-Protokollen Zinsen auf ihre Krypto-Bestände auszahlt. Laut der Behörde sei dies als Wertpapier zu klassifizieren.
Coinbase beabsichtigte die Einführung eines Renditeprodukts, das in einigen Wochen in Betrieb genommen werden sollte. Wie in der traditionellen Finanzwelt würden Nutzer Zinsen auf ausgewählte digitale Vermögenswerte erhalten. Nachdem sich das Unternehmen proaktiv an die Wertpapieraufsichtsbehörde (SEC) gewandt hatte, gab diese zur Antwort, dass ein solches Produkt als ein nicht registriertes Wertpapier eingestuft werden würde. Weitere Ausführungen gab die SEC auf Nachfrage der Krypto-Börse nicht.
Coinbase will Klarheit
Die grösste US Krypto-Börse habe sich seit fast sechs Monaten proaktiv mit der SEC über das Produkt "Coinbase Lend" ausgetauscht, so der Chief Legal Officer Paul Grewal. Sie seien sehr daran interessiert gewesen, die Perspektive der SEC zu hören, um innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Ihre Kunden sollten durch dessen Einführung mehr finanzielle Möglichkeiten erhalten. Mit "Lend" könnten Coinbase Nutzer Zinsen von bis zu 4% per annum auf ausgewählte Vermögenswerte wie USD Coin (USDC) verdienen.
Sie hätten das Produkt einfach auf den Markt bringen können, aber haben sich dagegen entschieden. Dies sei weit von der Norm in der Branche entfernt. Andere Kryptounternehmen haben seit Jahren Kreditprodukte auf dem Markt. Coinbase glaube an den Wert eines offenen und substanziellen Dialogs mit den Aufsichtsbehörden. Deshalb haben sie sich mit "Lend" zuerst an die SEC gewandt.
Laut Brian Armstrong, CEO von Coinbase, hat die Aufsichtsbehörde dabei nicht erklärt, wie sie zu ihrer Entscheidung gekommen sei. Schliesslich habe die Behörde bereits zahlreiche Unterlagen des Unternehmens angefordert und Mitarbeiter aussagen lassen. Das Unternehmen gewährte die Einblicke, um den Forderungen der SEC gerecht zu werden. Jedoch weigere sich die Aufsichtsbehörde im Gegenzug mitzuteilen, warum sie glaubt, dass es sich bei dem Produkt um ein nicht registriertes Wertpapier handeln würde.
Wells Notice der SEC
In seinem Blogbeitrag moniert der Leiter der Rechtsabteilung von Coinbase, dass das Unternehmen bereits eine "Wells Notice" erhalten hat. Ein Schreiben der SEC, in dem die Empfänger über den Inhalt der Vorwürfe informiert werden. Das Dokument bedeutet, dass die Behörde Coinbase vor Gericht bringen wird, die Einführung der fraglichen Renditefunktion weiter vonstattengeht. Während Grewal den aktuellen Regulierungsansatz ablehnt, sagte der Coinbase CLO, dass die Branche endlich die regulatorische Klarheit von der SEC erhalten könnte, wenn die Angelegenheit vor Gericht landet. Er stimmte folgendem Tweet zu:
https://twitter.com/jerrybrito/status/1435557430910459906
Die SEC selbst habe die Branche wiederholt aufgefordert "das Gespräch zu suchen", dies habe Coinbase versucht. Stand heute sei nur gewiss, dass Coinbase "Lend", ohne zu wissen warum, sich entweder auf unbestimmte Zeit vom Markt fernhalten muss, oder als Wertpapier klassifiziert und verklagt wird.
Anhörung bei Aufsichtsbehörde
Adam Levitin Professor für Recht im Georgetown University Law Center beschäftigt sich mit Konkurs- und Handelsrecht, sowie Finanzregulierung. Er empfindet den Blogpost des Chief Legal Officer nicht gerade als hilfreich, wenn nicht sogar als kontraproduktiv, und erklärt die Sicht der SEC.
Er erläutert vorerst, dass die Zustellung einer "Wells Notice" der offizielle Prozess der Aufsichtsbehörde ist. Die Reaktion zeige, dass Coinbase das Wells-Verfahren nicht vollständig versteht. Bei einer Wells-Anhörung bekommt Coinbase die Chance, der SEC zu erklären, warum ihre Sicht der Dinge falsch sein könnte. Nur wenn Coinbase seiner Beweislast nicht nachkommt, wird die SEC Klage erheben.
Die Peinlichkeit von Coinbase weise auf etwas hin, das den Regulierungsbehörden bei FinTechs im Allgemeinen und Kryptofirmen im Besonderen wirklich Sorgen bereiten sollte: die Kultur. Es handelt sich laut Levitin nicht um eine Kultur der Compliance. Es sei eine Kultur des schnellen Handelns und des Aufbrechens von Dingen. Es gäbe absolut nichts an Coinbase's Lend-Produkt, das kryptospezifisch sei. Der Rechtsprofessor ist der Ansicht, dass es sich einfach um einen altmodischen Investitionsvertrag handelt: Kunden stellen dem Unternehmen Ihr Geld zur Verfügung, um damit zu arbeiten. Im Gegenzug werden Ihnen Gewinne von 4% per annum versprochen.
Reaktionen aus der Krypto-Community
Dan Awrey, Rechtsprofessor an der Cornell Law School, sieht das Produkt eindeutig als Wertpapier und damit die SEC als zuständigen Regulator. "Lend" suggeriert aus seiner Sicht kein Verleihen im Sinne von Schulden machen, sondern die Ausgabe von Schuldverschreibung, was klar einem Wertpapier entspricht.
The CEO of Coinbase asks “how can lending be a security?”
1. Lending = debt.
2. Debt is mentioned in the definition of a “security” under the ‘33 Act on no less than FIVE separate occasions.
3. When you issue debt securities you’re not lending, you’re *borrowing*. https://t.co/2mYIzDwQbJ
— Dan Awrey (@DanAwrey) September 8, 2021
Andere Stimmen aus der Community sind der Meinung, dass die SEC sich gute Akteure vorknüpft, weil es ihnen Prestige und mehr Einfluss gegenüber den anderen inländischen Regulatoren verschafft. Währenddessen laufe der eigentliche Betrug seit Jahren unvermindert weiter - unzählige Projekte würden schliesslich mit absurden Renditen werben.